Der bewegte Mann setzt sich zur Wehr

Aktualisiert

GleichstellungDer bewegte Mann setzt sich zur Wehr

Die Männer sind in Aufbruchstimmung: Von rechts bis links formieren sich Männerclubs. Ihre Gemeinsamkeit: Sie haben genug von Doppelbelastung und Demütigung.

von
Désirée Pomper

Vierzig Jahre nach der ­Einführung des Frauenstimmrechts machen Schweizer Männer von links bis rechts mobil – in eigener Sache. Für Schlagzeilen sorgte der Verein der Antifeministen um Ex-SVP-Politiker René Kuhn, der sich für die «Rechte diskriminierter Männer starkmacht». Doch auch die neugegründeten SP-Männer wollen «verunsicherten Männern neue Perspektiven aufzeigen»: «Es braucht dringend neue Impulse, damit sich eine moderne männliche Identität entfalten kann», so der Präsident der SP Graubünden, Jon Pult.

Auch die mit den FDP-Frauen sympathisierende lose Gruppierung junger Männer, die nicht länger auf die Ernährerrolle re­duziert werden will, fordert: «Es braucht Teilzeitstellen und finanzierbare Krippen, damit sich der Mann mehr der Familie widmen kann», bringt es FDP-Politiker Bernhard Bichsel auf den Punkt. «Auch Vaterschaftsurlaub sollte den Männern zugesprochen werden», findet SP-Mann Pult. Laut dem grünen Nationalrat Alec von Graffenried war Doppelbelastung lange nur ein Frauenthema. «Dabei engagieren sich Männer neben dem 100-Prozent-Job immer mehr im Haushalt, was nicht selten auf deren Gesundheit schlägt.» Von Graffenried fordert deshalb in einer Motion die Schaffung einer Fachstelle für Männer-, Väter- und Bubenfragen.

«Auch ein eidgenössischer Männerbeauftragter wäre denkbar», sagt er. Der Grund: Die Gleichstellungsbüros hätten historisch bedingt primär die Frauen im Fokus. «Während 40 Jahren wurde Gleichstellungspolitik hauptsächlich als Frauenförderung verstanden. Jetzt braucht es spezifische Ansätze in Bezug auf Buben und Männer.» Männer sollten aus der defensiven Position heraustreten: «Wir müssen für unser Männeranliegen aktiv einstehen.»

«Wir werden ausgepresst wie eine Zitrone»

Herr Theunert*, Männer von links bis rechts gründen Männerorganisationen. Warum?

Markus Theunert: Das ist ein kollektives Aufbegehren der Schweizer Männer gegen ein System, das ihnen den Atem nimmt. Männer müssen in der Arbeit hundert Prozent Leistung erbringen und sich gleichzeitig in der Familie engagieren. Die traditionelle Männerrolle in der heutigen Zeit auszuüben, macht krank; Herzinfarkt, Suizid, oder Burnout sind die Folgen. Wir werden ausgepresst wie eine ­Zitrone.

Das heisst, die Protestbewegungen sind eigentlich ein Hilfeschrei?

Genau. Vierzig Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts beginnen Männer endlich ein Konzept zu entwickeln, wie Gleichstellung aus Männersicht aussehen sollte. Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Gesellschaft.

Was fordern Sie konkret?

Männer wollen wie Frauen ein ausgeglichenes Leben führen. Neben Leistung sollen auch Beziehung, Familie und Freizeit Platz haben. Dafür müssten beispielsweise der Staat Vaterschaftsurlaub und Unternehmen mehr Teilzeitstellen anbieten.

*Markus Theunert ist Präsident des Dachverbandes der Schweizer Männer- und Väterorganisationen.

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